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Well & Fit

11.12.2023 | Jennifer Josl

Zeitbombe Stress

Deutschland ist gestresst. Laut einer Studie des Versicherungsunternehmens Swiss Life litten 80 Prozent der Bundesbürger in den vergangenen Monaten unter Stress. Häufig genannte Gründe sind der zunehmende Leistungs- und Zeitdruck in unserer Gesellschaft – aber auch im privaten Umfeld belastet Stress die Menschen immer mehr.

©Jacob Drachenberg

Die gesundheitlichen Folgen sind verheerend: Kopf- und Rückenschmerzen, Verdauungsstörungen, Schlafprobleme Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt, Schlaganfälle – um nur die häufigsten zu nennen. 

Bei meiner Arbeit als Trainerin ist mir aufgefallen, dass der Anteil an gestressten Kunden immer höher wird, und dass die dadurch bedingten Probleme – von Übergewicht über Verspannungen bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen – durch Training allein nicht zu lösen sind. Um mit diesen Kunden an den Ursachen ihrer Stressproblematik arbeiten zu können, habe ich eine Ausbildung zum Stresscoach bei Jacob Drachenberg absolviert und setze die dabei gelernten Techniken inzwischen bei vielen Kunden zusätzlich zum Training ein. Im folgenden Interview gibt der Stressexperte Tipps, wie Trainer und Studiobetreiber gestresste Mitglieder/Klienten am besten betreuen.

Deutschlands bekanntester Stressexperte Jacob Drachenberg im Interview mit Redakteurin Jennifer Josl:

Jennifer Josl: Was ist Stress?

Jacob Drachenberg: Stress bedeutet eine erhöhte körperliche oder seelische Anspannung bzw. Belastung. Stress kann entweder positiv sein und uns leistungsfähiger machen - oder ungesund und unsere Leistungsfähigkeit einschränken. 

Es handelt sich bei Stress um ein Alarmsystem des Menschen, welches sich hormonell, psychisch und physisch auswirkt. Problematisch ist chronischer Stress, da Betroffene dabei das Gefühl für ihren Körper und die Verbindung zu sich selbst verlieren. Studien zeigen, dass Stress die Ursache von etwa 50 Prozent der Krankheiten in der westlichen Welt ist.

JJ: Kannst du kurz beschreiben, wie Stress entsteht?

JD: Eine Stress-Reaktion entsteht, wenn eine Situation als wichtig bewertet wird – Stress ist sozusagen ein Thermostat für Wichtigkeit. Gleichzeitig werden unsere Ressourcen und Erwartungen überprüft. Ist ein Element nicht stimmig, schaltet das Gehirn in der Stressmodus und wir haben z. B. weniger Energie für bestimmte Aufgabe.

Ich spreche hier gerne vom „Stress-Dreieck: 10 Prozent der Stressreaktion ist durch den Reiz bedingt und 90 Prozent von unserer Reaktion darauf. Wir verleihen den Dingen Bedeutung und erlauben den Dingen quasi, uns zu stressen. Daher ist es ein wichtiges Element im Stresscoaching, diese Denkmuster aufzudecken und zu bearbeiten.

JJ: Welche negativen Auswirkungen auf die Gesundheit und Leistungsfähigkeit hat dauerhafter Stress?

JD: Dauerhafter Stress kann zu Herz- Kreislauferkrankungen, Konzentrationsproblemen, Verdauungsproblemen, Hautproblemen, Haarausfall und - im Worstcase – zu Krebserkrankungen führen. Ein hoher Cortisolspiegel stört zudem die Regeneration und torpediert eine Gewichtsabnahme, da der Körper kein Fett freigibt. Auch eine Hypertrophie findet im „Alarmmodus“ weniger statt. Dieser kostet Energie und verhindert ein „Loslassen“ des Systems. Für die Adaptionsprozesse braucht der Körper Ruhe. Training ist positiver Stress – danach brauchen Klienten aber mentale und körperliche Regeneration.

JJ: Gibt es Berufsgruppen, die besonders von Stress betroffen sind?

JD: Menschen in sozialen Berufen, da diese oft eine hohe Motivation haben, anderen zu helfen und dafür oft wenig Anerkennung bekommen. Sie geben sozusagen mehr rein als sie rausbekommen – monetär sowie emotional. Generell sind auch Menschen in sämtlichen Jobs, in denen Fehler tödliche Auswirkungen haben können, besonders gefährdet, beispielsweise Soldaten, Ärzte, Feuerwehrleute, Piloten und Polizisten. Zudem sorgen Doppelbelastungen wie Beruf und die Erziehung von Kindern oder die Pflege von Angehörigen oft für hohe Belastung und somit Stress.

JJ: Wie wirkt sich Sport auf das Stresslevel von Trainierenden aus?

JD: Da Stress heutzutage meistens nur noch auf mentaler/kognitiver Ebene auftritt und unser System evolutionär noch auf Kampf und Flucht eingestellt ist, ist Bewegung als Ausgleich sehr wichtig. Sport baut Stress ab, die Herzratenvariabilität wird verbessert, das Herz arbeitet effektiver – vor allem auch in Kombination mit Entspannungsverfahren. Sport bringt Menschen auf andere Gedanken und lässt sie so abschalten, was das Stresslevel senkt.

JJ: Woran erkenne ich als Trainer, wie hoch das Stresslevel eines Klienten ist?

JD: Es gibt folgende Frühwarnzeichen für hohe Stressbelastungen bei Menschen:

•          Veränderung der Stimmung ins Negative

•          ungewollte Veränderung des Essverhalten

•          vermehrter Pessimismus

•          verbalisierte Sinnlosigkeit und

•          dauerhafte Gereiztheit

Sollten Trainer diese Anzeichen bei Trainierenden über eine längere Dauer bemerken, sollten sie die Kunden darauf ansprechen. Es ist sinnvoll nachzufragen, ob der/die Trainierende sich gestresst fühlt – eventuell kann man ihn/sie bitten, sein/ihr Stressniveau auf einer Skala von 0 (entspannt) bis 100 (gestresst) einzuschätzen. Fragen Sie nach, wie das aktuelle Stresslevel im Vergleich zur Vergangenheit eingeordnet werden kann und lassen Sie den Kunden/die Kundin ihr individuelles Stresslevel bewerten: Ist es noch förderlich, oder empfinden sie es selbst als ungesund? 

Wichtig für die Einordnung ist die Tatsache, dass Stress in unserer Gesellschaft oft als Statussymbol für Wichtigkeit gilt und daher bei vielen Menschen positiv besetzt ist. Zudem handelt es sich um ein sehr vertrauliches Thema, d. h. für das Gespräch darüber sollte eine solide Bindung und ein Vertrauensverhältnis zu dem entsprechenden Kunden bestehen, und der Trainer sollte feinfühlig vorgehen.

JJ: Wie sollte ich einen stark gestressten Klienten sportlich trainieren – Sind beispielsweise High-Intensity-Workouts geeignet?

JD: Dies ist individuell verschieden, es kommt auf das individuelle Trainingsziel, den Trainingszustand und darauf an, wie viel Energie der/die Trainierende nach dem Training für die Bewältigung des Alltags benötigt.

Stressabbau funktioniert sehr unterschiedlich, manche Menschen entspannen bei einem HIIT-Workout wesentlich besser als bei einer Yogastunde. Andere wiederum profitieren von ruhigen Trainingsangeboten wie Stretching oder Tai-Chi. Bei starkem Stress haben sich bei mir Kombinationen aus Entspannung, Meditation und Mobility sehr bewährt, bei denen auch mal spaßige Trainingsformen mit eingebaut werden. Wichtig ist, dass das Training für den Kunden gut machbar ist und Erfolgserlebnisse ermöglicht und so das Selbstbewusstsein steigert.

Äußerst wichtig ist hier die Kommunikation zwischen Trainer und Kunde, um individuelle Wünsche und Erwartungen zu klären. Auch sollte der Trainer abfragen, wie das Stresslevel des Kunden nach dem Training ist.

JJ: Was kann ich als Trainer tun, wenn ein gestresster Kund sehr ehrgeizig ist und sich augenscheinlich im Training überfordert?

JD: Als Trainer sollte Sie ihn auf jeden Fall darauf ansprechen und ihm eine bewusste Trainingssteuerung zeigen. Dabei sollte das Trainingsziel besprochen und die entsprechenden Strategien erläutert werden. 

Viele ehrgeizige Menschen folgen dem Glaubenssatz „Viel hilft viel!“. Versuchen Sie, den/die Trainierende diesen Glaubenssatz bewusst zu machen und ihm sinnvollere Mindsets näher zu bringen. Auch sollten Sie als Trainer mit gutem Beispiel voran gehen und auch selbst auf ein ausgewogenes und angepasstes Training achten. 

JJ: Gerade High-Performer lehnen oft Entspannungskurse wie Meditation oder Yoga als esoterisch oder langweilig ab. Gibt es Alternativen?

JD: Ja, für solche Trainierenden eignen sich Mobility- oder Stretchingkurse, Atemübungen, Kälteanwendungen (Dusche oder Eisbad), Sauna oder Spaziergänge in der Natur, um ihr Stresslevel zu reduzieren.

JJ: Wie kann ich als ganzzeitlich arbeitender Coach meinen Klienten zu einem entspannteren Leben verhelfen?

JD: 

1.         „Energy goes where attention flows“: ressourcenorientierte Fragen stellen (Highlights, Learnings, Freude, Erfolg, Spaß, Stolz und positive Überraschung)

2.         geplante Entspannung abfragen und als Hausaufgabe als Teil der Trainingssteuerung mitgeben: Sauna, Freunde treffen, kalt duschen, Yoga, Spieleabend,     Kino, Atem-Übungen

3.         Morgenroutine mit Dankbarkeit, Stretching, Planung und Visualisierung etablieren lassen und abfragen

4.         Alkoholkonsum abfragen und zur Not Anpassung vornehmen lassen

5.         Entspannung thematisieren und Wichtigkeit verdeutlichen, Hilfestellungen geben und gemeinsame Planung vornehmen

6.         Entspannung und Ruhe feiern und nicht nur Push, Stress und Druck

7.         Falls Problem existiert: Problembewusstsein steigern und spielerische Lösungen anbieten

8.         Lust auf Entspannung und Erholung machen (von eigener Entspannung und Erholung erzählen)

JJ: Wie bist du persönlich als Leistungssportler in einen Burnout gerutscht?

JD: „Liebe ist gleich Leistung“ war mein Motto, und ich kombinierte Leistungssport mit einem – ebenfalls anspruchsvollen - Psychologiestudium. Ich habe mich stark über Leistung definiert und hatte Angst, nicht als Mensch wertvoll zu sein, nicht anerkannt zu werden – ein Teufelkreis mit nachlassender Leistung. Ich dachte, mehr Stress würde automatisch mehr Erfolg bedeuten und wusste noch nicht, dass mich ein Wechsel von Spannung und Entspannung viel weiterbringt.

JJ: Wann sollte ich als Trainer betroffenen Kunden empfehlen, ärztliche/therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen?

JD: Bei Burnout-Symptomen, die länger als 14 Tage andauern und eine deutliche Veränderung im Verhalten bzw. eine sich deutlich verschlechternde Leistungsfähigkeit erkennbar ist. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt. Eine niedrigschwellige Empfehlung könnte z. B. sein, dort zunächst einen. Check-up mit Blutwerten und Belastungs-EKG durchführen zu lassen.

Ausbildungstipps

-        Ausbildung zum Achtsamkeitstrainer bei der Deutschen Sportakademie

Inhalte: Mindful living – Dein Weg zur Achtsamkeit und achtsam sein im Miteinander, Resilienz, Mentoren-Toolbox für Achtsamkeitstrainer, Erfolgreich als Achtsamkeitstrainer.
Dauer: 12 Monate (berufsbegleitend)

Lernform: Online/vor Ort (Köln)
Kosten: 2.298,00
Info: www.deutschesportakademie.de/ausbildung/life-balance/achtsamkeitstrainer

-        Ausbildung zum Stress und Mentalcoach beim IST Studieninstitut
Inhalte
: psychologisches Hintergrundwissen und Coaching-Kompetenzen im Bereich Stressbewältigung, Know-how zu Work-Life-Balance, Resilienz und Achtsamkeit.

Dauer: 12 Monate (berufsbegleitend)
Lernform: Online/vor Ort (Düsseldorf/Ratingen)
Kosten: 2346 Euro
Info: 
www.ist.de/stresscoach-und-mentalcoach

-        Ausbildung zum Stresscoach bei der Drachenberg Akademie

Inhalte: Ziele und Ebenen von Stresscoaching, „Magic Spot“, aktives Zuhören, Gedanken hinter Gefühlen, Konfrontation mit Denkmustern, das innere Team, gewaltfreie Kommunikation 
Dauer: 
6 Monate mit ca. 4 Stunden Aufwand pro Woche
Lernform: Online
Kosten: 6600 €
Info: www.drachenberg.de/stress-coach

 

Zahlen & Fakten über Stress

Jeder dritte Deutsche ist regelmäßig gestresst. Mehr als ein Viertel der Deutschen ist sogar häufig gestresst. Dabei lässt sich ein starker Anstieg von Stress in unserer Gesellschaft in den letzten Jahren verzeichnen: 2013 war es erst jede fünfte Person

20 % der Krankentage im Jahr 2021 sind auf Folgen von Stress oder psychischen Erkrankungen zurückzuführen. Stress spielt bei über 50 Prozent aller Krankheiten eine wichtige Rolle und ist mit vielen psychosozialen und gesundheitlichen Problemen verbunden.

Weniger Stress im Alltag ist der Vorsatz Nummer 1 der Deutschen und das seit mehreren Jahren. Über 60 % hatten sich für das Jahr 2022 das Ziel gesetzt, Stress abzubauen und weniger Stress zu haben, um ihre Lebensqualität zu erhöhen. 

Podcasts zum Thema Stress

-        „Stärke deine Stresskompetenz“ (Jacob Drachenberg)

-        „Stress neu denken“ (Matthias Kuhlmann)

-        „Der 6-Minuten-Podcast“ (Dominik Spenst)

-        „Stressfrei“ (Natalie Sütterlin)

-        „Stressfilter“ (Lisa Jöhren)

 

Vita Jacob Drachenberg

Jacob spielte Wasserball in der deutschen Nationalmannschaft und studierte gleichzeitig in Vollzeit Psychologie an der HU Berlin und arbeitete als Nebenjob für einen Investor. Noch vor seinem 30sten Geburtstag geriet er in einen Burnout, nahm 21 Kilogramm zu und musste stationär behandelt werden. Nach seiner Genesung kombinierte er die neusten Erkenntnisse aus der Psychologie mit den besten Methoden aus dem Leistungssport und machte diesen Mix mit seiner „Drachenberg-Methode“ für viele Menschen anwendbar. Er arbeitet als Stresscoach, bildet Stresscoaches und -mentoren aus und ist gefragter Speaker und Buchautor.

 

 

 

 

 


Autor

Jennifer Josl

Gastautorin Freie Fachredakteurin

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