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03.04.2023 |

Die außerordentliche Kündigung eines Mitgliedschaftsvertrages

Unter welchen Voraussetzungen kann sie wirksam sein? Bei einem „Mitgliedschaftsvertrag“ handelt es sich üblicherweise um ein Dauerschuldverhältnis eigener Art („sui generis“), soweit der Vertrag nicht ausschließlich die Nutzung der Trainingsgeräte zum Gegenstand hat, sondern auch dienstvertragliche Elemente enthält, wie beispielsweise die Trainingsbetreuung, oder Kursangebote.

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1. Allgemeine Voraussetzungen 

Die Voraussetzungen für eine außerordentliche, also sofortige Kündigung des Mitgliedschaftsvertrages seitens des Mitglieds liegen gem. § 314 Abs. 1 S. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) dann vor, wenn ein wichtiger Grund gegeben ist. Das Gesetz definiert dabei den wichtigen Grund wie folgt:

„Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.“

2. Unterscheidung der Risikosphären

Bei der Beurteilung, ob ein derartiger wichtiger Grund vorliegt, unterscheidet die Rechtsprechung zunächst danach, aus wessen Risikosphäre der geltend gemachte wichtige Grund stammt. Kündigt das Mitglied beispielsweise, weil es umgezogen ist, so stammt der Kündigungsgrund allein aus der Risikosphäre des Mitglieds und das Studio hat keinerlei Einflussmöglichkeiten auf den Kündigungsgrund. Kündigt demgegenüber das Mitglied, weil ständig die Duschen, oder Kurse ausfallen, oder weil wichtige Trainingsgeräte defekt sind und nicht repariert werden, so handelt es sich um einen Kündigungsgrund, welcher aus dem Risikobereich des Studios stammt.

3. Grundsätzlich sehr hohe Anforderungen 

Es gilt in Deutschland der Grundsatz, dass Verträge einzuhalten sind (pacta sunt servanda). Das Recht zur außerordentlichen Kündigung durchbricht grundlegende Säulen des deutschen Rechtssystems, sodass eine außerordentliche Kündigung nur unter sehr gravierenden Umständen möglich ist. Stammt der Kündigungsgrund dann noch aus der Risikosphäre des Kündigenden selbst, sind noch höhere Anforderungen an die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertrages zu stellen, wobei diese Bewertung sogar so weit gehen kann, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht in diesen Fällen sogar in solchen Konstellationen  ausgeschlossen sein kann, in denen das Mitglied den Vertrag gar nicht mehr nutzen kann. Anhand dieser grundlegenden Kriterien soll im Folgenden kurz auf die typischerweise im Rahmen eines Fitnessvertrages  immer wieder auftretenden außerordentlichen Kündigungsgründe eingegangen werden.

4. Einzelne Kündigungsgründe

Umzug als außerordentlicher Kündigungsgrund?

Dem Mitglied ist bei Abschluss des Vertrages bewusst, dass die Leistungen des Fitnessstudios nur ortsgebunden erbracht werden können. Schließt das Mitglied daher in Kenntnis dieses Umstandes einen längerfristigen Vertrag, so trägt es für den vereinbarten Zeitraum auch das Risiko einer möglichen Veränderung der eigenen Lebensumstände. Der Bundesgerichtshof hatte bereits mit der Entscheidung vom 11.11.2010 (Az. III ZR 57/10) klargestellt, dass ein Umzug bei vergleichbaren Verträgen nicht zu einem außerordentlichen Kündigungsrecht führt. Mit einer Folgeentscheidung vom 04.05.2016 (Az. XII ZR 62/15) hat der Bundesgerichthof diese Rechtsprechung explizit auch für Fitnessverträge bestätigt und hierbei klargestellt, dass ein Umzug – auch aus beruflichen Gründen – keine außerordentliche Kündigung des Mitglieds rechtfertigt. Häufig verwenden Studios in ihren Mitgliedsverträgen noch „Umzugsklauseln“, in denen beispielsweise geregelt ist, dass dem Mitglied erst dann ein außerordentliches Kündigungsrecht zustehen soll, wenn es weiter als 30 km wegzieht. Der Autor rät grundsätzlich von der Verwendung derartiger Klauseln ab, da den Mitgliedern bei einer entsprechenden vertraglichen Regelung zwar kein gesetzliches, wohl aber ein vertragliches außerordentliches Kündigungsrecht zusteht, sodass bei der Verwendung derartiger Klauseln allen Mitglieder mehr Rechte eingeräumt werden als nötig, die möglicherweise auch ausgenutzt werden können.

Außerordentliche Kündigung wegen Attest / Erkrankung

Der häufigste außerordentliche Kündigungsgrund bei Fitnessverträgen ist wohl die sogenannte „Attest-Kündigung“, was eigentlich erstaunen sollte, als die Nutzung des Fitnessvertrag ja grundsätzlich durch die zahlreichen auch moderat nutzbaren sportlichen Betätigungsmöglichkeiten bei nahezu jeder Erkrankung gesundheitsförderlich sein dürfte. Dieser Umstand führt auch dazu, dass die „Attest-Kündigungen“ nach der Erfahrung der Verfassers auch am häufigsten tatsächlich keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, dieses zum einen, weil es sich häufig um Gefälligkeitsatteste handelt, oder aber die zur Begründung der Kündigung herangezogenen Erkrankungen beispielsweise schon vor Abschluss des Vertrages bestanden.

Nachdem die Rechtsprechung gemäß dem Grundsatz, dass eine Erkrankung aus dem eigenen Risikobereich des Mitglieds stammt, sehr hohe Anforderung an den Kündigungsgrund stellt, kann eine Erkrankung nur dann eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wenn die Erkrankung erst während der Vertragslaufzeit neu aufgetreten ist und wenn sie zudem dazu führt, dass das Mitglied dauerhaft nahezu das gesamte vertraglich vereinbarte Leistungsangebot des Studios nicht mehr in Anspruch nehmen kann. Diese Voraussetzungen muss das Mitglied in einem Gerichtsprozess vollumfänglich nachweisen. Ein einfaches Attest dabei reicht für den Nachweis vor Gericht nicht aus, allerdings hat der BGH in der Entscheidung XII ZR 42/10 geurteilt, dass das Mitglied zumindest in der außergerichtlichen Korrespondenz nicht dazu verpflichtet ist, gegenüber dem Studio genaue Angaben zum Kündigungsgrund, also der Erkrankung zu machen. Wir empfehlen daher für den Fall einer außerordentlichen Kündigung mit einem Attest zunächst das Mitglied darum zu bitten, den Kündigungsgrund nachvollziehbar darzulegen, dieses unter Benennung der Erkrankung, den Zeitpunkt des erstmaligen Auftretens der Erkrankung und die voraussichtliche Dauer der Erkrankung, wobei es sich empfiehlt, dem Mitglied auch eine Alternative zur außerordentlichen Kündigung anzubieten, wie beispielsweise eine Ruhezeit. Ist das Mitglied nicht bereit, auf ein Ruhezeitangebot einzugehen, oder die Krankheit zu benennen, hat das Studio die Möglichkeit die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung gerichtlich überprüfen zu lassen. Aus  mehr als 20 jähriger Berufserfahrung kann der Verfasser berichten, dass in deutlich mehr als 98 Prozent der gerichtlichen Verfahren das Mitglied nicht nachweisen konnte, dass es derart schwer erkrankt war, dass die außerordentliche Kündigung durchgriff, sodass es für Studiobetreiber durchaus Sinn macht, die vom Mitglied erklärte außerordentliche „Attest-Kündigung“ gerichtlich überprüfen zu lassen, dieses auch weil häufig rechtliche Erwägungen ein außerordentliches Kündigungsrecht vereiteln können. So zum Beispiel, wenn es sich um eine Vorerkrankung handelt, welche dem Kunden bereits beim Vertragsschluss bekannt war. 

Außerordentliche Kündigung wegen Beitragsanpassung

Aktuell kommt es vermehrt zu sofortigen Kündigungsbegehren wegen der seitens vieler Studios durchgeführten Beitragsanpassungen. Ist vertraglich nichts zu einer Beitragserhöhung geregelt, was rechtssicher ohnehin kaum möglich ist, kann das Studio nicht einseitig, also ohne Zustimmung des Mitglieds die Beiträge erhöhen. Üblicherweise können Studios gleichwohl rein faktisch Preiserhöhungen ohne größere Probleme durchführen, indem sie die geplante Preiserhöhung rechtzeitig ankündigen und dann einfach durchführen. Akzeptiert das Mitglied die durchgeführte Preiserhöhung ohne Widerspruch und kommt weiterhin regelmäßig zum Training, gilt die Preiserhöhung nach einer gewissen Zeit zumindest als konkludent vom Mitglied akzeptiert. Wichtig ist dabei zu wissen, dass die Mitteilung einer Erhöhung des Mitgliedsbeitrages für sich gesehen grundsätzlich noch keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellt. Allenfalls stellt die Ankündigung der Beitragserhöhung eine „Pflichtverletzung“ des Studios aus dem Mitgliedsvertrag dar, sodass das Studio, wenn ein Mitglied allein wegen der Ankündigung der Beitragserhöhung außerordentlich kündigt, noch reagieren kann. Insbesondere kann das Studio in diesen Fällen dem Mitglied mitteilen, dass es die Kündigung als „Abmahnung“ im Sinne des § 314 Abs. 2 BGB versteht und daher dem Mitglied weiterhin die Möglichkeit bietet, bis zum ordentlichen Vertragsende zum vertraglich vereinbarten Beitrag zu trainieren.

Umdeutung in eine ordentliche Kündigung

In jedem Fall ist eine als außerordentliche Kündigung getätigte Kündigung in eine ordentliche Kündigung umzudeuten. Der außerordentlichen Kündigung ist zweifelsfrei der Wille zur Beendigung des Vertrages zu entnehmen, sodass bei Einhalten der Formerfordernisse (z.B. vertraglich vorausgesetzte Textform), die Kündigung jedenfalls als ordentliche Kündigung zu vermerken ist.

Autor: Siegfried Wilhelm Wrede, Rechtsanwalt –  Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz, Datenschutzbeauftragter (TÜV)


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